Warum ist LinkedIn so peinlich?

Warum empfinden viele LinkedIn als peinlich?

LinkedIn is a lot of different things: a social network focused on work; a networking and job search tool; a way to find out about the (unexplainable) promotion of your former classmate. And often, LinkedIn is just cringe.

For every timid, harmless “Looking for a new job!” post from one of your contacts, there’s at least one viral post from some “entrepreneur” sharing their everyday experiences. These morning routines or wedding anniversaries suddenly get turned into educational business lessons, full of tech jargon, and apparently convinced that people not only want to read it but need to read it for the sake of their careers. These posts are usually a mix of bragging, self-absorbed moral superiority, and incomprehensible business speak. And this combination – I’ll say it again – is just cringe.

These posts sometimes come from unexpected corners – whether it’s from your funny and booze-loving ex-colleague who suddenly raves about B2B marketing in your feed, or from a sarcastic friend from school who writes a 2000-word essay about how believing in herself helped her overcome a professional challenge. LinkedIn just can’t exist without a little cringe, and we all know it. There’s even a AI generator for LinkedIn posts now, where you can determine the cringe level yourself, and on X (formerly Twitter), you can find numerous accounts that document the most embarrassing posts.

But what exactly about LinkedIn makes its users behave so embarrassingly?

Every social media platform demands its own language from its users. On LinkedIn, you speak like the version of yourself that others in the job can expect from you. Your LinkedIn personality is the job version of yourself: polite, well-organized, communicative, only humorous when appropriate, and always confidently smiling into the camera. Your Instagram personality, maybe even your TikTok personality, can be hungover. Your BeReal personality definitely can be. But your LinkedIn personality? Never.

Your LinkedIn self is probably not the version of yourself you’d most like to spend time with. It’s great, and you’re really proud of it – but it definitely wouldn’t come along to a spontaneous karaoke night. That’s exactly why LinkedIn can sometimes feel so uncomfortable. It’s completely normal to wear a kind of “mask” at work; after all, it’s understandable to behave differently in a professional environment than in private, for example, to be more effective in your job or to better separate your two lives in favor of work-life balance. But if you’re not the type of person who would prefer to work 24 hours a day, it might feel somehow strange to put on your professional mask online.

Trotzdem gehört diese Maske eben zu LinkedIn dazu. Sie ist aber nicht der Hauptgrund dafür, warum LinkedIn manchmal so cringe wirkt.

Ich glaube, LinkedIns stärkster Peinlichkeitsfaktor ist die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Individuum und Selbstvermarktung auf LinkedIn auf den meisten anderen Social-Media-Plattformen komplett umgedreht ist. Bei Instagram, X (Twitter) und TikTok stand (zumindest in der Theorie) zuallererst das Individuum im Fokus: Einzelne Menschen fanden ihre Community, entdeckten ihre Stimme oder bauten sich ein Image auf. Die Vermarktung dieser Persönlichkeiten kam erst danach, als Werbetreibende erkannten, wie wertvoll die Bekanntheit dieser Leute sein könnte, und sich den Zugang zu diesem Publikum erkauften. Bei LinkedIn hingegen gehörte diese Monetarisierung schon von Anfang an dazu: Seine Nutzer:innen erstellten sich dort einen Online-Lebenslauf, mit dem sie anderen zeigten, wofür und wieso man sie einstellen sollte. Die persönlichkeitsbezogenen Posts kamen erst später.

Auch LinkedIn selbst will dich dazu bewegen, deinen digitalen Lebenslauf zu einem Image auszubauen. Im März 2021 stellte LinkedIn den optionalen „Creator Mode“ vor, der dir dabei helfen soll, „deine Community miteinzubeziehen und dir eine Followerschaft aufzubauen“, schrieb die Plattform in ihrem Blog. Dadurch wird der „Vernetzen“-Button zu „Folgen“; du kannst mithilfe von Hashtags einsehen, zu welchen Themen du am häufigsten postest; Leute können dir außerhalb von LinkedIn folgen; du kannst deinen Content direkt oben auf deinem Profil anzeigen; und so weiter.

Der Head of Editorial, EMEA, Julien Wettstein, erklärt, diese Veränderungen hätten zum Teil mit unserem Posting-Verhalten auf LinkedIn zu tun. „Wir haben eine große Veränderung darin bemerkt, wie sich Leute auf LinkedIn präsentieren. Die Pandemie war dafür vermutlich der Auslöser: Die Grenze zwischen Privat- und Berufsleben wurde immer schwammiger, viele Leute teilten ihre persönlichen Erfahrungen (zum Beispiel mit dem Homeoffice) auch auf LinkedIn und bekamen dort Support von ihrem Netzwerk. Heute bemerken wir aber eine Verlagerung weg von diesen persönlichen Posts und hin zum Teilen von Wissen (zum Beispiel dazu, wie man einen Business-Plan erstellt).“

All diese Veränderungen ermutigen uns dazu, die Plattform wie jedes andere soziale Netzwerk zu behandeln – nur eben betrachtet durch eine rosarote Business-Brille. Das hat Konsequenzen: Laut Vox wurden plötzlich zahlreiche Ghostwriter:innen dafür bezahlt, Texte für Geschäftsführer:innen zu schreiben, „die nicht nur wie Business-Jargon, sondern menschlich klangen“. Vermutlich eine weise Investition für all diejenigen, die nicht am Ende dastehen wollten wie der CEO der amerikanischen Marketing-Firma HyperSocial, Braden Wallake, der mit seinem verheulten Selfie viral ging, mit dem er zeigen wollte, wie er unter den Entlassungen zu leiden hatte, die er autorisiert hatte.

Wie Wallakes daraufhin zu Memes verarbeiteter Fehltritt beweist, ergibt sich ein weiteres Problem daraus, wenn du auf LinkedIn Persönliches und Berufliches miteinander vermischst: Arbeitshierarchien sind ohnehin schon ein gefährliches Minenfeld – wenn du da noch die unberechenbare Social-Media-Variable hinzufügst, wird das Ganze unendlich schwieriger.

Natürlich ist es völlig legitim, persönliche Gefühle zu großen Geschäftsentscheidungen zu haben. Und es ist verständlich zu glauben, ein „authentischerer“ Einblick darin, wie hart es sein kann, jemanden feuern zu müssen, sei immer etwas Gutes, Vermenschlichendes. Auch hier ist aber der Kontext entscheidend – und wenn du eine Machtposition innehast, ist es nicht vermenschlichend, deine Gefühle öffentlich in den Fokus zu rücken. Viel eher zeigt es, dass du nicht verstehst, welches Verhalten auf einer öffentlichen Plattform mit deutlichem Business-Fokus angebracht wäre. Solches Verhalten sorgt nämlich dafür, dass die emotionale Reaktion von Boss und angestellter Person auf dieselbe Ebene gestellt werden. 

Das Machtverhältnis auf LinkedIn ist auch ohne solche Fehltritte schon verwirrend genug. Als Social-Media-Plattform erlaubt uns LinkedIn das Networking zwischen CEOs und Praktikant:innen – Leute, deren Wege sich ansonsten vielleicht nicht kreuzen würden. Theoretisch sollte uns das eigentlich zu mehr Gleichberechtigung am Arbeitsplatz verhelfen; weil es aber auch auf LinkedIn eine Premium-Funktion gibt, sucht man nach dieser Gleichberechtigung vergeblich. Als Gratis-Nutzer:in wird dir nur manchmal verraten, wer sich dein Profil angesehen hat, und du kannst nur bestimmte Leute anschreiben. Wenn du hingegen einen monatlichen Beitrag zahlst, kannst du auch Nachrichten an Leute verschicken, mit denen du nicht vernetzt bist, und sehen, wer auf deinem Profil vorbeigeschaut hat. Dadurch sind diejenigen, die sich die Premium-Funktion leisten können, auf einem ohnehin schon umkämpften Arbeitsmarkt klar im Vorteil.

Es ist aktuell schwer genug, einen neuen Job zu finden – auch ohne die Fotos von weinenden CEOs, Premium-Funktionen oder das unangenehme Gefühl der eigenen Business-Maske bewältigen zu müssen. Das ändert aber nichts daran, dass LinkedIn ein unheimlich nützliches Tool sein kann – insbesondere für Berufseinsteiger:innen, die zum ersten Mal in einer Branche Fuß fassen, oder für Randgruppen wie neurodiverse Menschen oder Frauen, die die Hürden in der neurotypischen oder männlich dominierten Berufswelt zu überwinden versuchen. Ganz ehrlich: Wenn dir das Dasein als LinkedInfluencer:in dabei hilft, deine Rechnungen zu bezahlen – wieso sollte dich dann ein bisschen Cringe davon abhalten? Immerhin ist LinkedIn bloß der Ort, an dem dein berufliches Ich ganz frei existieren kann. Und dieses Ich ist bloß einer von vielen digitalen Avataren, auf die wir in unserem modernen Alltag immer stärker angewiesen sind.

Trotzdem lohnt es sich, dabei immer im Hinterkopf zu behalten, dass die Kombination von Privatem und Beruflichem nicht immer so rüberkommt, wie du es dir vielleicht vorstellst. Dein Business-Post braucht nicht zwangsläufig eine inspirierende Story, um deine Message rüberzubringen. Denn mal ehrlich: Hast du es deinem Ex-Kollegen Björn wirklich abgenommen, dass ihm angeblich die Geburt seiner Tochter bewiesen hat, wie wichtig die Zeitplanung im Projektmanagement ist?  

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